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PRESSETEXT ALPINES MUSEUM


60 Jahre nach dem Baubeginn der Staumauer Albigna

Diesen Sommer jahrt sich der Baubeginn der Staumauer Albigna, die von 1955 bis 1961 realisiert wurde, zum sechzigsten Mal. Eine Doppelausstellung thematisiert die Ereignisse, die für die wirtschaftliche Existenz des Bergells wegweisend wurden. In der Ausstellung «L’Albigna di Emil Zbinden» im Museo Ciäsa Granda in Stampa wird die Auseinandersetzung des Berner Künstlers mit dem Staumauerbau gezeigt, in der Galleria Il Salice in Castasegna ist die Reportage «Una giornata sull’Albigna» des Berner Fotografen Urs Beyeler zu sehen. Getragen wird das Projekt von der Bergeller Kulturorganisation Società culturale di Bregaglia, einer Sektion von Pro Grigioni Italiano (Pgi), und dem Förderverein Emil Zbinden in Bern, die damit einen Austausch der Schweizer Sprachregionen fördern möchten.

Vor 60 Jahren begannen die Bauarbeiten an der Staumauer Albigna. Das Jahr 1955 bildet einen wichtigen Meilenstein in der Geschichte der Talschaft. Die Bergeller Kraftwerke schufen direkt oder indirekt Arbeitsplätze und brachten den Gemeinden Wasserzinsen und Steuereinnahmen. Die Kraftwerk-Anlagen, die am 5. September 1961 eingeweiht werden konnten, gaben dem kargen Bergtal eine neue Existenzgrundlage.

Eine Doppelausstellung mit Kunstwerken und einer Fotoreportage

Nebst Hunderten von Arbeitern, Kantinenfrauen und Ingenieuren wollten auch ein paar Fotografen und Künstler beim Kraftwerkbau dabeisein. Einer von ihnen war der Berner Holzstecher, Zeichner und Buchillustrator Emil Zbinden (1908 – 1991), zu dessen Themen Arbeit, Arbeiterschaft aber auch Landschaft gehörten. 1958 und 1959 weilte er zusammen mit dem Berner Künstler Eugen Jordi auf Albigna, um den Staumauerbau und die Transformation des Natürlichen zum künstlichen Berg festzuhalten. Die Ausstellung «L’Albigna di Emil Zbinden» im Museo Ciäsa Granda in Stampa vereint zahlreiche Zeichnungen, Skizzen und Originalgrafik aus dieser Zeit. Sie wirft einen Blick zurück und eröffnet zugleich Zugänge zu einem bisher weniger bekannten Werkbereich Zbindens.
Ebenfalls im Sommer 1958 weilte auch der Berner Fotograf Urs Beyeler auf Albigna. Ähnlich wie Zbinden wollte er dort nicht schöne Porträts von Menschen realisieren, sondern die Menschen bei der harten Arbeit auf den Baustellen im Hochgebirge zeigen. Von 1956 bis 1960 reiste er immer wieder an und schuf eine eindringliche Bildserie zum Bau des Staudamms, die bisher weitgehend unbekannt ist. Die Galleria Il Salice in Castasegna zeigt seine Fotoreportage «Una giornata sull’Albigna».

Zeitzeugen des Staumauerbaus gefunden

Dem Publikum sollen in den beiden Ausstellungen jedoch nicht nur Fotografien und Kunstwerke näher gebracht werden. Auch Stimmen der Arbeiter und Ingenieure werden zu hören sein. Die Bergeller Kulturorganisation Società culturale di Bregaglia, eine Sektion von Pro Grigioni Italiano (Pgi), hat im Sommer 2014 ein aufwändiges Oral History-Projekt lanciert, um Zeitzeugen der Albigna-Bauarbeiten aufzuspüren. Die Journalisten Paola Beltrame und Andrea Tognina haben insgesamt rund 30 Interviews geführt, um die Ereignisse zu rekonstruieren, die einen so wichtigen Wendepunkt in der Geschichte des Bergells darstellen. Eine reiche Auswahl von Stimmen ist in den beiden Ausstellung zu hören.

Ein Symbol des grenzübergreifenden Austausches

Die Grossbaustelle versammelte von 1955 bis 1961 Arbeiter und Ingenieure aus der ganzen Schweiz, dem Veltlin, der Provinz Belluno und sogar aus weiter entfernten Regionen. Die Interviews mit Schweizern und Italienern sind ein Versuch, nach über 50 Jahren ein Klima der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zu beleben. Die Ausstellungen in Castasegna und Stampa können darum auch als Symbol des Austausches verstanden werden: zwischen dem Schweizer Mitteland und den Bergregionen, den verschiedenen Sprachregionen und Kantonen, zwischen der Schweiz und Italien.

Kastentext:

Der Künstler Emil Zbinden in den Alpen

Emil Zbinden (1908 – 1991) gehört zu den bedeutendsten Schweizer Realisten des     20. Jahrhunderts. Als gelernter Typograph holte er sich 1928 – 1931 die künstlerische Ausbildung in Berlin und an der renommierten Kunstakademie in Leipzig. Die politischen und kulturellen Konflikte jener Zeit sollten ihn zeitlebens prägen. Sein Werk wurde 2008 und 2009 in der Retrospektive «Für und wider die Zeit» im Kunstmuseum Bern und im Museum der bildenden Künste Leipzig gewürdigt. Die Ausstellung gab Einblicke in das gesamte Werk Zbindens von seiner Ausbildungs- und Frühzeit in den 1920er- und 1930er-Jahre bis ins Spätwerk. Dazu gehörten auch die bekannten Bilder, die er während 16 Jahren für eine umfangreiche Gotthelf-Ausgabe in der Büchergilde Gutenberg schuf. Daraus entstanden über 900 Illustrationen, durch die sich Zbinden weit über die Landesgrenzen hinaus einen Ruf als hervorragender Holzstecher schuf.

 

Zbinden ist jedoch nicht bei den Buchillustrationen stehen geblieben. 1950 begann er sich – zu einem grossen Teil zusammen mit Künstlerkollegen – intensiv mit dem technischen Aufbruch der Schweizer Industrie auseinanderzusetzen. So besuchte er von 1950 bis 1954 immer wieder die entstehenden Staudammbauten an der Grimsel im Berner Oberland und 1958/59 weilte er mehrere Wochen auf Albigna im Bergell. Zbinden suchte auf den Baustellen eine neue Form der Alpenmalerei. Denn er war überzeugt, dass Ferdinand Hodler in dieser Hinsicht bereits alles zeige. Zbinden entwickelte folgliche eine Malerei, die Technik und Natur, technische Bauten und natürlichen Fels verband. Die Ausstellung im Museo Ciäsa Granda zeigt rund 25 Werke, die auf Albigna enstanden sind oder im Kontext davon stehen. Daneben sind etwa auch persönliche Skizzenbücher zu sehen und Videodokumentationen zur Arbeit Emil Zbindens.

Informationen:

L’Albigna di Emil Zbinden, Museo Ciäsa Granda, Stampa, 7. Juni bis 20. Oktober 2015, täglich von 14 bis 17 Uhr.

www.ciaesagranda.ch

Una giornata sull’Albigna, Galleria Il Salice, Castasegna, 7. Juni bis 20. Oktober 2015, jeweils Mittwoch bis Sonntag 14 bis 17 Uhr.

www.galleria-il-salice.com

Zur Ausstellung erscheint die Publikation «Albigna», Edition eigenART, Verlag X-Time, Bern

Kontakt/Rückfragen Ausstellungen:

Jürg Spichiger, Leiter Ausstellungsprojekt, Tel. 031 333 59 01 /079 962 60 82

 

Informationen Bergell: Maurizio Zucchi, Tel. 081 822 17 11, bregaglia@pgi.ch

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